Trauerkultur im
Etwa bis zur Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts blieb das Sterben eine Zeremonie im Kreis der Familie. Danach fand es häufig im Verborgenen statt. Heute verbringen die meisten Menschen die letzten Tage und Stunden ihres Lebens in einem Krankenhaus oder Altersheim. Kaum jemand von uns hat schon einmal einen Sterbenden begleitet oder einen Toten auf die Beerdigung vorbereitet. Allein der Gedanke daran löst bei vielen Unbehagen aus. Der Tod begegnet uns nur noch in den Medien. Er passiert anderen, er ist etwas völlig Abstraktes. Über den Tod wird nicht gesprochen, er wird ausgeklammert. Die Rituale im Umgang mit einem Toten sind in Vergessenheit geraten.
In den letzten Jahren, vermutlich auch verbunden mit der so wertvollen Hospiz-Arbeit, ist vor allem bei uns im ländlichen Raum erkennbar, dass das Begleiten Sterbender wieder häufiger in der Familie möglich wird. Wir begrüßen diese Entwicklung sehr und unterstützen das auch mit unserer Arbeit.
Jede Kultur und jede Religion hat ihre eigenen Rituale. Wir führen Bestattungen für alle Religionen durch. Nachfolgend ein kleiner Überblick.
Bestattungsriten der Weltreligionen
Evangelisch
Die Trauerfeier im evangelischen Glauben ist in der Regel ein Gottesdienst, der in der Kirche abgehalten wird. Im Gebet für den Verstorbenen wird um Gottes Gnade und Barmherzigkeit gebeten. Manchmal wird auch der Lebensweg des Verstorbenen reflektiert. Nach den Gebeten und der Predigt erteilt der Pfarrer einen Segen. Der Segen ist eine Bitte um Gottes Beistand und Gnade für die Trauernden. Er symbolisiert auch die Hoffnung auf Trost und Frieden in der Zeit nach dem Verlust.
Die evangelische Kirche akzeptiert eine Vielzahl von Bestattungsarten, und es gibt in der Regel keine strikten Vorschriften.
Römisch-katholisch
Die römisch-katholische Trauerfeier beginnt oft mit einer Trauermesse. Sie kann in einer Kirche oder in der Aussegnungshalle eines Friedhofs stattfinden. Vor der Messe wird der Sarg in die Kirche oder die Aussegnungshalle getragen. Dort erfolgt die Einsegnung des Leichnams durch den Priester. Während dieses Rituals werden Gebete gesprochen, und der Priester segnet den Verstorbenen.
Es gibt verschiedene Gebete während der Trauerfeier, einschließlich Fürbitten für den Verstorbenen und seine Familie. Denn nach dem Glauben der katholischen Kirche befinden sich die Seelen Verstorbener vor Gottes Gericht. Angehörige können durch Messopfer und Gebete um Gottes Gnade bitten. Das Vaterunser und das Ave Maria sind oft fester Bestandteil der liturgischen Gebete.
Nach dem Sechswochen-Seelenamt treffen sich nochmals alle Trauernden in der Kirche und feiern einen Gottesdienst zum Gedenken an den Verstorbenen.
Russisch-orthodox
Die Trauerrituale in der russisch-orthodoxen Kirche sind von einer tiefen liturgischen Tradition und symbolischen Handlungen geprägt.
Nach dem Tod eines Gläubigen beginnt das Totengebet, bei dem der Priester Psalmen und Gebete spricht. Dann wird der Verstorbene traditionell gewaschen und in weiße Leinenstoffe gehüllt, um die Reinheit und die Hoffnung auf die Auferstehung zu symbolisieren. Es ist vorgeschrieben, dass der Leichnam in Begleitung eines Priesters vom Haus in die Kirche getragen wird. Der Verstorbene wird in einem offenen Sarg aufgebahrt.
Während des Trauergottesdienstes spricht der Priester die Totenlitanei, ein Gebet, das um Gnade und Vergebung für die Seele des Verstorbenen bittet. Am Ende der kirchlichen Aussegnungsfeier bedeckt der Priester das Gesicht des Verstorbenen mit einem Tuch und streut Erde darauf, damit übergibt er den Verstorbenen symbolisch an die Erde.
Die russisch-orthodoxe Kirche bevorzugt die Erdbestattung, bei der der Verstorbene auf einem Friedhof beigesetzt wird.
Griechisch-orthodox
Nach griechisch-orthodoxer Tradition findet eine Trauerfeier mit offener Aufbahrung statt. Vorher wird der Verstorbene gewaschen und in weiße Leinenstoffe gehüllt. Diese symbolisieren Reinheit und die Vorbereitung auf das himmlische Leben. Die Trauergäste zeigen ihre Ehrerbietung, indem sie die Hand des Toten küssen.
Das Epitaphios ist ein wichtiger Bestandteil der griechisch-orthodoxen Bestattungsrituale. Es repräsentiert das Totenkleid, in dem Christus vom Kreuz genommen wurde und ist ein kunstvoll gestaltetes Tuch, das Ikonen von Heiligen oder Darstellungen des leidenden Christi zeigt. Während der griechisch-orthodoxen Trauerfeier wird das Epitaphios über den Sarg gelegt. Es symbolisiert die Anwesenheit des auferstandenen Christi bei der Beerdigungszeremonie und betont die Hoffnung auf die Auferstehung der Toten. Während der Trauerfeier werden Ikonen und Kerzen verwendet, um das Göttliche Licht und die Gemeinschaft mit den Heiligen zu symbolisieren.
In der griechisch-orthodoxen Kirche sind Erdbestattungen die übliche Form. Feuerbestattungen sind zwar nicht mehr verboten, werden aber nur äußerst selten ausgeführt.
Jüdisch
Bevor der Leichnam beerdigt wird, erfolgt bei jüdischen Bestattungen oft das Tahara-Ritual. Der Verstorbene wird gewaschen, rituell gereinigt und in ein einfaches weißes Leichentuch gewickelt. Dadurch wird die Gleichheit vor Gott und der Verzicht auf weltliche Besitztümer symbolisiert.
Das Kaddisch ist ein heiliges jüdisches Gebet, das für die Verstorbenen gesprochen wird. Es wird von Trauernden während der Trauerzeit und oft auch bei anderen Gelegenheiten rezitiert. Das Kaddisch betont die Heiligkeit Gottes und wird als Gebet der Erhebung der Seele des Verstorbenen angesehen.
Bei jüdischen Begräbnissen ist es üblich, dass Familienmitglieder oder Freunde am Grab Trauerreden halten und positive Aspekte des Lebens des Verstorbenen hervorheben. Am Grab zerreißt der direkte Angehörige seine Kleidung als Zeichen der Trauer. Diese zerrissene Kleidung wird in der Regel für den Rest der Trauerperiode getragen.
Islamisch
Die islamische Bestattung beginnt mit dem Ghusl, dem rituellen Waschen des Verstorbenen. Dies wird von Mitgliedern der Gemeinschaft durchgeführt, normalerweise des gleichen Geschlechts wie der Verstorbene. Der Verstorbene wird in weiße Leichentücher, die Kafan genannt werden, gewickelt.
Das Totengebet, Salat al-Janazah, ist ein gemeinschaftliches Gebet für den Verstorbenen. Es wird in der Regel auf einem offenen Platz oder in der Moschee nach den regulären Gebetszeiten durchgeführt. Nach dem Totengebet erfolgt die islamische Begräbnisprozession zum Friedhof. Der Verstorbene wird im Grab platziert, und Erde wird über ihn geschüttet. In einigen islamischen Kulturen wird kein Sarg verwendet, in anderen aber doch.
Buddhistisch
Der Buddhismus betont die Bedeutung der Vorbereitung auf das Lebensende und ermutigt dazu, Gespräche über das Lebensende zu führen, weil dadurch der Übergang und die spirituelle Reise erleichtert würden.
Bei buddhistischen Begräbnissen wird der Verstorbene zunächst gewaschen und mit speziellen Reinigungszeremonien vorbereitet. Dies symbolisiert nicht nur physische Reinheit, sondern auch spirituelle Transformation.
Die Trauernden versammeln sich, um in Gebeten und Meditation Trost zu finden und positive Energien für den Verstorbenen zu sammeln. Diese Zeremonien können durch buddhistische Mönche geleitet werden. Familien- und Gemeinschaftsmitglieder drücken ihre Kondolenz aus und bieten Unterstützung an. Mitgefühl ist ein zentraler Bestandteil des buddhistischen Pfades und hilft, Leid zu mindern. Abhängig von regionalen buddhistischen Bräuchen erfolgt eine Feuerbestattung oder Beisetzung.
Hinduistisch
Die hinduistische Bestattung beginnt mit dem Antyesti, dem letzten Sakrament. Dies beinhaltet das rituelle Waschen des Verstorbenen und das Lesen von heiligen Schriften, um die Seele auf ihre Reise vorzubereiten.
Der Verstorbene wird in einen Sarg gelegt, oft aus einfachem Holz, der als Symbol für die Vergänglichkeit des weltlichen Lebens steht. Der Sarg wird mit Blumen geschmückt und in der Familie oder Gemeinschaft aufgebahrt. Trauernde versammeln sich, um Gebete zu sprechen und die göttliche Gnade für den Verstorbenen zu erbitten. Hierzu werden Veden oder heilige Texte rezitiert.
Die Kremation gilt im Hinduismus als entscheidender Schritt, um die physischen Überreste des Verstorbenen zu reinigen und die Seele von weltlichen Bindungen zu befreien. Es ist eine gängige Praxis, die Asche im heiligen Fluss zu verstreuen, normalerweise im Ganges in Indien. Diese Handlung wird als rituelles Bad für die Seele betrachtet.